Yusra Mardini: Das Flüchtlingsmädchen, das nach Deutschland kam und nun bei Olympia schwimmt

Yusra Mardini schwamm durchs Ägäische Meer und kam als Flüchtling nach Deutschland. Nun wird sie bei Olympia antreten. Um Medaillen wird die 18-jährige Syrerin dabei wohl kaum schwimmen – doch ihr geht es auch um deutlich mehr als den Sport.

Im Sommer 2015 schwamm sie noch um ihr Leben, bald schwimmt Yusra Mardini bei den Olympischen Spielen. Die 18-jährige Syrerin reiste über den harten Weg über Libanon, Türkei, Griechenland und die Balkan-Staaten nach Deutschland. Wie viele andere Flüchtlinge kam sie in einem überladenen Schlauchboot übers Mittelmeer. Doch vor der griechischen Küste fiel der Motor aus und immer mehr Wasser schwappte in das Boot. Über 20 Menschen waren an Bord, darunter ein sechsjähriges Kind. Mardini und ihre Schwester, wie sie eine Schwimmerin, sprangen kurzerhand mit zwei Männern ins Wasser und zogen das Boot über drei Stunden durch die raue See an Land. So hat es die Sportlerin mittlerweile zu zahlreichen Gelegenheiten berichtet. Das mediale Interesse an der hübschen jungen Frau mit den braunen Rehaugen ist groß.

Im Jahr 2011, Mardini ist noch ein Schwimmtalent, 13 Jahre alt, aus einem Vorort von Damaskus, bricht in ihrem Heimatland der Krieg aus. Von einem auf den anderen Tag sei ihr Leben eingeschränkt gewesen, berichtet sie der “New York Times“. 2012 wird die Wohnung ihrer Familie zerstört, später zerfetzt eine Bombe das Dach ihrer Schwimmhalle. Monatelang kann sie nicht trainieren bis sie im August 2015 die Entscheidung trifft, aus Syrien zu fliehen. “Ich sagte meiner Mutter: Genug ist genug”, berichtet sie der “New York Times”. “Gut, wenn du jemanden findest, dem ich vertraue, dich mitzunehmen, dann kannst du gehen”, erwidert die Mutter. Mit zwei Cousins ihres Vaters, einem Freund und ihrer Schwester macht sie sich auf den Weg.

Yusra Mardini trainiert in Berlin für Olympia 2016

Am Ende ihrer Odyssee landet sie in Berlin. Die Wasserfreunde Spandau geben ihrer Leidenschaft, dem Schwimmen, ein neues Zuhause. In einem für die Olympischen Spiele von 1936 von den Nazis gebauten Becken nimmt sie nach zwei Jahren Pause im Oktober 2015 das Training wieder auf. Sie bekommt neue Schwimmsachen, lernt neue Freunde kennen und kommt wieder in Form. “Ich hatte nichts, als ich zum ersten Mal zum Training meines Berliner Schwimmvereins kam”, sagt Mardini auf einer der mittlerweile zahlreichen Pressetermine. “Sie haben mich mit allem ausgestattet, der Klub ist zu meiner Familie geworden.”

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Coach Sven Spannekrebs erkennt früh das Potenzial der Teenagerin und will sie eigentlich für Olympia 2020 in Tokyo fit machen. Doch das Olympische Komitee entwickelt die Idee eines Flüchtlingsteams, das in Rio unter einer neutralen Flagge starten soll. Am 3. Juni wird Mardini als eine von zehn Flüchtlingen aus Syrien, dem Südsudan, Kongo und Äthiopien nominiert und soll nun über 100 Meter Schmetterling, 100 und 200 Meter Freistil ins olympische Becken steigen. Bereits 2012, damals noch 14 Jahre alt, nahm Mardini an der Kurzbahn-WM in Istanbul teil und stellte einen syrischen Landesrekord über 400 Meter Freistil auf, wie die “Südwest Presse” berichtet.

Dennoch ist sie weit entfernt von der Weltspitze. Eine wirkliche Chance auf Medaillen in Rio hat sie nicht, und das weiß sie auch. Für sie sei es eine Ehre, überhaupt dabei zu sein. Ihre Teilnahme an Olympia ist für sie ein Traum, der in Erfüllung geht, und weit mehr als nur ein sportlicher Erfolg. “Viele Leute sind durch mich inspiriert. Und ich will sie nicht enttäuschen”, sagt sie dem “Handelsblatt“. “Ich möchte zeigen, dass Flüchtlinge nicht nur Opfer sind. Wir können etwas leisten und erreichen. Wir sind jemand.”