Forschung im Herzen des Libanon: das Orient-Institut in Beirut

Deutsches Orient-Institut in Beirut
Deutsches Orient-Institut in Beirut | Mit freundlicher Genehmigung des Orient-Instituts Beirut

Jeden ersten Mittwochabend im Monat laden die Stipendiaten des Orient-Instituts Beirut (OIB) zu einem „Open Garden“ ein.  Der beliebte Treff für Nachwuchswissenschaftler und Freunde des Hauses ist eine gute Gelegenheit, sich über Arbeiten und Leben im Libanon auszutauschen und neue Kontakte zu knüpfen. 

Das OIB wurde 1961 auf Initiative der Deutschen Morgenländischen Gesellschaft in Beirut gegründet. Die Wissenschaften, die sich mit dem Vorderen Orient und arabischen Welt befassten, suchten den Anschluss an die Welt und lebendigen Kontakt zur Region. Hatte man zunächst geprüft, ob Damaskus als Standort in Frage käme, gab schließlich den Ausschlag, dass der DMG die Niederlassung in Beirut von Seiten der Behörden leicht gemacht wurde. Der zweite Gesichtspunkt war die Präsenz einer internationalen wissenschaftlichen Öffentlichkeit in Beirut. Dies sollte sich später als entscheidender Vorteil herausstellen. Zur Zeit der Gründung des Instituts waren arabische Universitäten in Bagdad, Damaskus und Kairo international sehr anerkannt, besonders in den Fachgebieten, um die es dem Orient-Institut ging.

Seit 1964 befindet sich das OIB in einer osmanischen Villa im Viertel Zokak el-Blat, im Herzen Beiruts. In diesem Viertel siedelten sich insbesondere im Zuge der arabischen Erneuerungsbewegung im 19. Jahrhundert – der an-Nahda – Bildungsinstitutionen an. Diese schufen mit der Verknüpfung von Weltoffenheit und Wiederbelebung der humanistischen arabischen Tradition einen typisch libanesischen Zugang zur Moderne, der heute noch Modellcharakter hat und dem sich auch das Institut verbunden sieht. 

Das OIB ist ein deutsches akademisches Forschungsinstitut zur arabischen Welt, das seit 2003 Teil der Max Weber Stiftung – Deutsche Geisteswissenschaftliche Institute im Ausland ist und weitgehend durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung finanziert wird. Neben einer Reihe von längerfristig am Institut beschäftigten Wissenschaftler*innen, die sich nach der Promotion Perspektiven in der akademischen Forschung erarbeiten und die Institutsarbeit mittragen und mitgestalten, fördert das OIB mit Stipendien die Forschung von Nachwuchswissenschaftler*innen aus der ganzen Welt für Aufenthalte von bis zu einem Jahr. Zudem können Studierende einschlägiger Fächer vornehmlich an deutschen Universitäten ein Praktikum absolvieren. 

Gemeinsam mit Akteuren und Institutionen in der Region betreibt und fördert das Institut Forschung in den Geistes- und Sozialwissenschaften, die sich mit der arabischen Welt und dem Mittleren Osten befasst. Die Vielzahl der akademischen Traditionen, Perspektiven und Wissenshorizonte, die am OIB in engem Kontakt zueinander aufeinandertreffen, dürfte weltweit einmalig sein. Alle miteinander in ein verständiges und konstruktives Gespräch zu bringen, ist eine ständige Herausforderung und eine wertvolle Erfahrung, von der Teilnehmer*innen oft noch Jahre später gerne sprechen. Forschung am OIB, im Libanon und in der Region bedeutet, die mitgebrachten Ansätze und Vorstellungen zu überprüfen und oftmals zu revidieren. Diese Prozesse zu ermöglichen und zu begleiten, betrachtet das OIB als seine wichtigste Aufgabe. Wöchentliche Forschungsseminare und zum Teil öffentliche Abendseminare bilden Arenen, die allen hier Tätigen Gelegenheit bieten, sich vorzustellen und mit Anderen auseinanderzusetzen. Wie an vielen akademischen Einrichtungen in Deutschland selbst, ist die deutsche Sprache für die wissenschaftliche Kommunikation nebensächlich, auch wenn die Präsenz von deutschen Universitäten und Akademiker*innen aus Deutschland ausgeprägt bleibt. 

Geschichte und neuste Geschichte, Literatur einschließlich Musik und Film, Religion, Gesellschaft, Politik und Wirtschaft sind in den ausgewählten Forschungsprojekten oft nebeneinander vertreten und greifen nicht selten ineinander. Einen Überblick über die laufende Forschung verschafft man sich am besten auf der Webseite oder in den Jahresberichten des Instituts, die auch auf der Webseite einsehbar sind. 

Neben der Forschung gibt das OIB drei Schriftenreihen heraus. Die Bibliotheca Islamica (BI) ist der kritischen Edition arabischer Quellentexte verpflichtet, während Beiruter Texte und Studien (BTS) und die Online-Reihe Orient-Institut Studies (OIS) der Forschung zur Geschichte, Gesellschaft, Politik und Literatur der Region gewidmet sind. Die Forschungsbibliothek mit ihren über 130.000 Bänden ist öffentlich zugänglich, und lädt Wissenschaftler*innen ein, weitere Spuren im Libanon zu schaffen. 

Quellehttps://www.goethe.de/ins/lb/de/m/kul/sup/spu/20950509.html