Vor Israels Küste liegen mehrere Erdgasfelder, die das Land gerne zusammen mit Zypern und anderen Partnern nutzen würde. Der Libanon behauptet hingegen, Teile der Felder reichten in sein Hoheitsgebiet. Mittlerweile droht der Konflikt zu eskalieren.
Die israelische Regierung plant, zusammen mit Zypern und möglichen weiteren Partnern Erdgasfelder zu nutzen, die zwischen den beiden Staaten liegen, unter anderem das so genannte Levianthan-Feld. Alle Felder liegen zwar jenseits der 12-Seemeilen-Zone, die zum Hoheitsgebietes im engeren Sinne gehören, aber noch innerhalb der exklusiven Wirtschaftszone (EEZ), die gemäß der UN-Seerechtskonvention zumindest den Bereich von 200 Meilen vor der Küste umfasst.
Nachdem 2010 die Leviathan-Felder entdeckt wurden, erklärte die libanesische Regierung, dass Teile derselben in ihr Hoheitsgebiet reichen. Eine Ausbeutung der Felder würde demnach die Seegrenze zum Libanon und damit dessen Hoheitsrechte verletzen.
Israel besteht auf dem Recht, das Feld zu nutzen, was aus Sicht Beiruts einer Annexion libanesischen Territoriums gleichkomme – obwohl Beirut gegenüber der UN dem Grunde nach eingeräumt hat, dass die Felder Tamar und Leviathan selbst außerhalb der eigenen Seegrenze liegen. Allerdings mutmaßt Beirut, dass diese Felder Teil eines noch größeren Öl- und Gasfeldes sein könnten, an welchem man dann möglicherweise doch noch eigene Nutzungsrechte geltendmachen könnte.
Beirut hat nun einige Investitionsangebote im Hinblick auf eine Erdgas- und Erdölexploration publikgemacht, berichtet das israelische Nachrichtenportal Ynet News.
Der Präsident der Vereinigung für Internationale Energiewirtschaft, Gürkan Kumbaroglu, erklärt im Intzerview mit RT Deutsch, dass Israel mit einer nicht abgestimmten Ausbeutung des Erdgasfeldes, nach libanesischer Lesart also einer Annexion, einen Krieg mit Beirut riskieren könnte.
Das von Israel und Libanon beanspruchte Seegebiet ist nach Einschätzungen von Energieunternehmen reich an natürlichen Ressourcen. Das Nachrichtenportal Ynet News berichtet unter Berufung auf die israelische Regierung, dass Jerusalem diesen jahrzehntealten Disput, der von den USA oder den Vereinten Nationen nicht beigelegt wird, nun mit der Schaffung vollendeter Tatsachen auf Kosten Libanons lösen möchte.
Gürkan Kumbaroglu, der als Experte beim Roadmap Oil & Gas Forum teilnahm, das von der libanesischen Regierung am 7. März organisiert wurde, hinterfragte im Gespräch mit RT Deutsch das Verhalten Israels. Er sagte:
Das ist eine direkte Reaktion Israels auf das Verhalten Libanons. Im Januar 2017 kündigte Libanon seine erste Offshore-Energieexplorations-Lizenzierung an, die fünf Explorationsblöcke umfasst. Drei davon liegen in Hoheitsgewässern, die der maritime Grenzstreit betrifft.
Der renommierte Energieexperte aus der Türkei bemerkte, dass angesichts der ohnehin volatilen Lage in Nahost ein Übergehen des Libanons durch Israel die Spannungen nur verschärfen wird. Kumbaroglu erläuterte:
Sollte Israel das Gebiet annektieren, dann will es, dass kein fremdes Unternehmen mehr Interesse zeigt an den Ausschreibungen aus dem Libanon. Die Annektierung wird Konflikte zwischen Israel und Libanon befeuern.
Gürkan Kumbaroglu als Sprecher beim Roadmap Oil & Gas Forum in Libanon.
“Der Parlamentssprecher Libanons verlautbarte, dass die israelische Entscheidung einen neuen Krieg auslösen könnte. Ein zentraler Treiber wären Libanons Energiereserven an dessen Küste. Es ist das Letzte, was beide Staaten und die Region gerade brauchen”, fügte der Präsident für Internationale Energiewirtschaft hinzu. „Wenn es im umstrittenen Gewässer keine Einigung gibt, werden wir die Verlagerung der nahöstlichen Ressourcenkriege des 20. Jahrhunderts vom Festland auf das Meer.
Eine derzeit in Israel diskutierte Gesetzesvorlage soll die Souveränität Israels über die Gegend sichern, vor allem mit dem Ziel, die natürlichen Ressourcen wie Erdöl und Erdgas auszubeuten, schreibt der Middle East Monitor unter Berufung auf israelische Medien. Der eingebrachte Gesetzentwurf in der Knesset wurde jedoch noch nicht zur Abstimmung gebracht, räumt Ynet News ein. Das umkämpfte und ressourcenreiche Gebiet umfasst ein grobes Dreieck von rund 800 Quadratkilometer.
In der Regel versucht das internationale Seerecht, Streitigkeiten um Hoheitsgewässer gemäß des so genannten Mittelpunkt-Systems beizulegen. Israel behauptet nunmehr, dass Libanon wegen der eigenständigen Ausschreibung von Explorationen sein Recht auf eine zwischenstaatliche Beilegung der Streitigkeit verwirkt hat.
Der israelische Energieminister, Yuval Steinitz, erklärte demgegenüber im Gespräch mit der Financial Times:
Die libanesische Regierung hat einige Lizenzen ausgeschriebem, welche auch die umstrittenen Gebiete umfassen. Zuvor war der Status quo, dass niemand etwas in den Gebieten unternimmt.