Der libanesische Staatspräsident Michel Aoun wird kommende Woche im Vatikan erwartet. Dort soll es am Donnerstag im Zuge seiner Europareise eine Begegnung mit Papst Franziskus geben, bestätigte das Presseamt des Heiligen Stuhls am Donnerstag. Der maronitische Christ Aoun werde außer dem Papst auch mit Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin und anderen Vatikanvertretern sprechen. Anschließend sei eine Messe in der maronitischen Gemeinde Roms geplant, kündigten Gemeindevertreter an. Die Maroniten gehören zu den Ostkirchen, die mit Rom uniert sind, aber eigene Rituale, Liturgien und Gebräuche haben.
Der Libanon gilt als Vorzeigemodell des friedlichen Zusammenlebens zwischen den verschiedenen Glaubensgemeinschaften des Landes. Das delikate Gleichgewicht der Mächteverteilung sieht vor, dass der Staatspräsident ein maronitischer Christ sein muss, während der Ministerpräsident ein Sunnit und der Parlamentspräsident ein Schiit ist. Im Parlament herrscht ein Kräftegleichgewicht bei der Verteilung der Sitze zwischen Christen und Muslimen, jeweils 64 Sitze stehen jeder Religionsgemeinschaft zu. Der Präsident wird auf sechs Jahre gewählt, ohne dass seine Amtszeit verlängert werden kann. Der aktuelle Präsident Aoun konnte nur unter großen Schwierigkeiten bestimmt werden. Mehr als eineinhalb Jahre war seine Position vakant, weil sich mehrere Kandidaten gegenseitig im Weg standen. Die maronitische Kirchenführung im Libanon hatte wiederholt an die Vernunft der Kontrahenten appelliert und sich in dem institutitionellen Konflikt, der das Land lähmte, als Vermittler angeboten.