Oriana Fallaci spricht

Eine unerschrockene, links-atheistische italienische Journalistin namens Oriana Fallaci, Kennerin des Orients wie weiland Peter Scholl-Latour, hat bereits 2002 alles zum Thema “Flüchtlingskrise” und “Zuwanderung” gesagt. Alle ihre Vorhersagen haben sich bestätigt. Alle. Dass heute trotzdem fast niemand mehr ihr einst berühmtes Buch “Die Wut und der Stolz” kennt, sagt einiges über die Mechanismen des Verschweigens und Verdrängens in unserer öffentlichen Meinung aus und leider auch über den dramatischen Wandel unserer Gesellschaft. Fallaci ist 2006 an Krebs verstorben, was der Mainstreampresse nur recht war. Man musste daher erst bei Akif Pirinçci zu drastischeren Mitteln greifen.

Fallaci traute den scheinbar liberalen Muslimen und dem angeblichen Wandel nicht: “Der Optimist, der sich damit zufrieden gibt, dass sich die […] Männer nach der Niederlage der Taliban die Bärte kürzten oder abrasierten, so wie die Italiener nach dem Fall Mussolinis das faschistische Abzeichen ablegten, der irrt sich. Er irrt sich, weil der Bart nachwächst und die Burkah wieder getragen wird. […] Er irrt sich, weil die derzeitigen Sieger genauso zu Allah beten wie die Besiegten, weil sie sich eigentlich nur in der Frage des Bartes von den momentan Besiegten unterscheiden.” Man darf dabei an die sogenannte Opposition in Syrien, Ägypten oder wo auch immer in islamischen Ländern denken.

Fallaci hat als Journalistin und Kriegsberichterstatterin an allen Brennpunkten der Welt gearbeitet, so auch in den 80ern im Libanon: “Usama bin Laden und die Taliban (ich werde nicht müde, das zu wiederholen) sind nur der jüngste Ausdruck einer Realität, die seit eintausendvierhundert Jahren existiert. Einer Realität, vor der der Westen unerklärlicherweise die Augen verschließt. Vor zwanzig Jahren […] habe ich die Söhne Allahs ohne Usama Bin Laden und ohne die Taliban am Werk gesehen. Ich habe gesehen, wie sie Kirchen zerstörten, Kruzifixe verbrannten, Madonnen schändeten, auf die Altäre urinierten und die Altäre in Aborte verwandelten. In Beirut habe ich es gesehen. Jenem Beirut, das so schön war und das es heute, durch ihre Schuld, praktisch nicht mehr gibt. Jenem Beirut, wo sie von den Libanesen aufgenommen wurden, wie die Tibeter von den Indern […], und wo sie, nach und nach, von der Stadt bzw. dem Land Besitz ergriffen haben.”

Fallaci war schon damals keine Anhängerin eines falschen Relativismus und fragte, “welchen Sinn” es habe, “Leute zu respektieren, die uns nicht respektieren? Welchen Sinn hat es, ihre Kultur oder angebliche Kultur zu verteidigen, wenn sie die unsere verachten? Ich will unsere Kultur verteidigen, verdammt, und ihr sollt wissen, dass mir Dante Alighieri besser gefällt als Omar Khayyam.” Die Reaktion darauf war schon damals: “Heiliger Himmel! Sie kreuzigten mich. »Rassistin! Rassistin!« Es waren […] die sogenannten Progressiven (damals hießen sie Kommunisten) und die Katholiken, die mich beschimpften.” Man sieht: Es ist nicht nur nichts besser, es ist alles noch schlechter geworden…

“Es ist mir egal, ob eine Invasion mit Panzern oder mit Schlauchbooten erfolgt”

Ich zitiere einige entscheidende Ausschnitte aus “Die Wut und der Stolz”. Man denke daran, dass dies vor 15 Jahren geschrieben wurde. Man vergleiche es mit heute:

“Welche Frechheit! Welche Arroganz! »Je connais mes droits«, zischte mir auf dem Ponte Vecchio ein Nigerianer zu, den ich schief angeschaut hatte, weil er Drogen verkaufte. Meinerseits schrie ich zurück ich-lass-dich-verhaften-und-ausweisen-verdammter-Hurensohn, brutto-figlio-di-puttana. Das gleiche »ich kenne meine Rechte« hatte zwei Jahre zuvor auf dem Platz an der Porta Romana ein sehr junger Sohn Allahs in perfektem Italienisch zu mir gesagt, der mir an den Busen gegrapscht und den ich mit dem gewohnten Tritt in die Eier zurechtgewiesen hatte. (Nunmehr die einzige Waffe, derer sich die Frau bedienen kann, um ihre Bürgerrechte durchzusetzen.) Nicht zufrieden mit all dem, fordern sie immer mehr Moscheen, obwohl sie in ihrem eigenen Land nicht den Bau der kleinsten Kirche gestatten und Nonnen vergewaltigen und Missionare ermorden, sobald sie können. Und wehe, wenn ein Bürger protestiert. Wehe, wenn er einem von ihnen antwortet: übe-diese-Rechte-bei-dir-zu-Hause-aus. »Rassist! Rassist!« […] Sei zerreißen ihn in der Luft. Schlimmer als bissige Hunde fallen sie über ihn her. Mindestens beschimpfen sie seine Mutter und seine Kinder. Und die Leute schweigen resigniert, eingeschüchtert, in Schach gehalten von dem Wort »Rassist«. […] Habt ihr denn keinen Funken Würde im Leib, ihr Schafsköpfe? Habt ihr kein bisschen Selbstachtung, ihr Hasenfüße, ihr Feiglinge?”

“Eines Abends hörte ich zufällig einen der zehntausend Exministerpräsidenten, die Italien in den letzten vierzig Jahren gequält haben, im Fernsehen sagen: »Mein Onkel war auch Emigrant. Ich weiß noch, wie mein Onkel […] nach Amerika aufbrach!« O nein, mein schlecht informierter Herr Exministerpräsident: nein. […] Es ist nicht dasselbe. Und zwar aus recht einfachen Gründen. […] Hier sind sie:

Der erste: Die Fläche Nordamerikas beträgt 3 717 812 Quadratkilometer. Bis heute gibt es ausgedehnte Gebiete, die unbewohnt oder fast unbewohnt sind, sodass man sich in manchen Gebieten Monate aufhalten kann, ohne einer Menschenseele zu begegnen. Und in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts waren sie erst recht leer oder fast leer. […] Also, Italien ist kein Kontinent. Es ist ein eher kleines Land. Zweiunddreissig Mal kleiner als der amerikanische Kontinent. Ausserdem überbevölkert: ungefähr achtundfünfzig Millionen Italiener stehen zweihundertzweiundachtzig Millionen Amerikanern gegenüber. Das heißt, wenn sich jährlich dreihunderttausend Söhne Allahs in Italien niederlassen, entspräche das in Amerika zwei oder vielleicht sogar vier Millionen…

Der zweite: Ein Jahrhundert lang, also vom Unabhängigkeitskrieg bis 1875, war Amerika frei zugänglich. Die Grenzen und die Küsten waren unbewacht, jeder, der wollte, konnte einreisen, und Immigranten waren mehr als willkommen. Um zu blühen und zu gedeihen, brauchte die junge Nation viele Menschen. Denk nur an den Homestead Act, das Gesetz, das Abraham Lincoln am 20. Mai 1862 unterschrieb. Ein Gesetz, das die Verteilung von 270 Millionen Acres staatlichen Landes vorsah, das sind zehn Prozent. […] Ein Gesetz, von dem dazu nicht nur die Amerikaner profitierten: […] jeder (Mann oder Frau) hatte das Recht auf 160 Acres, die er geschenkt bekam. Die einzigen Bedingungen waren, dass man nicht jünger als einundzwanzig Jahre sein durfte, dass man mindestens fünf Jahre bleiben musste, dass man auf dem wilden Land eine Farm errichten musste, eine Familie gründen und, wenn der Anwärter kein Amerikaner war, die amerikanische Staatsangehörigkeit beantragen musste. […] Also, in Italien hat es nie ein Gesetz gegeben, das die Söhne Allahs dazu aufgefordert hätte, sich in unserem Land niederzulassen. […] Wie im übrigen Europa kamen und kommen sie aus eigener Initiative: mit den verfluchten Booten, den verfluchten Schlauchbooten der albanischen Mafia. Und zwar trotz unserer Grenzpolizei, die sie abzuweisen versucht, weil wir kein Einwanderungsland sind […]. Jetzt nicht mehr. Die Grenzpolizei schützt die Küsten nicht mehr. Den Vorschriften unserer schlaffen Regierung gemäß lassen sie sich widerlich resigniert von den Horden überrollen. Sie helfen ihnen bei der Landung, begleiten sie zum Flüchtlingslager, ertragen ihre Gewalttätigkeiten.

Der dritte: Nicht einmal das Land-der-unbegrenzten-Möglichkeiten handelte so nachsichtig wie wir. 1875 begriff die amerikansiche Regierung, dass man die Zuwanderung begrenzen musste, und der Kongress erließ ein Gesetz, das ehemaligen Sträflingen und Prostituierten den Zutritt verwehrte. 1882 wurde ein weiteres Gesetz erlassen, das die Geisteskranken und diejenigen ausschloss, die wahrscheinlich dem Staat auf der Tasche liegen würden. 1903 ein drittes, das Epileptiker, Verrückte, Menschen mit übertragbaren Krankheiten, professionelle Bettler und Anarchisten ausschloss. (Das war damals die ungenaue Bezeichnung für diejenigen, die Präsidenten ermordet oder Streiks angezettelt hatten.) Von diesem Augenblick an wurde die Einwanderungspolitik immer restriktiver, und die Illegalen gerieten in ernste Schwierigkeiten. In Italien jedoch, in Europa, können sie kommen und gehen, wie sie wollen. Terroristen, Diebe, Vergewaltiger, ehemalige Sträflinge, Prostituierte, Bettler, Drogenhändler, Menschen mit übertragbaren Krankheiten. Nicht einmal die, die eine Arbeitserlaubnis erhalten, werden auf ihre Vergangenheit hin überprüft. Einmal angekommen, werden sie auf Kosten der Einheimischen untergebracht, gewaschen, ernährt, behandelt. Will heißen auf Kosten der Steuerzahler. […] Wenn sie zufällig ausgewiesen werden sollten: Sie kommen zurück. […]

Der letzte Grund ist so einfach […], dass sogar ein dummes Kind ihn begreifen würde: Amerika ist ein sehr junges Land. […] Ausserdem handelt es sich um ein Einwanderungsland. Seit der Zeit der Mayfair und der Kolonien ist jeder Amerikaner ein Einwanderer. Und sein Kind, sein Enkel der Nachfahre eines Einwanderers. […] Ein Land […] mit der kürzesten Geschichte. Kein Wunder, dass seine kulturelle Identität noch nicht gefestigt ist. Italien dagegen ist ein sehr altes Land. Das älteste im Westen, würde ich sagen. […] Unsere kulturelle Identität ist deshalb genau umrissen. Sehr präzise. Und auf keinen Fall bezieht sie die moslemische Welt mit ein, auf keinen Fall läßt sie einen Einfluss zu, und seit zweitausend Jahren beruht sie auf einer Religion, die christliche Religion heißt. […] »Ich bin Atheistin, ich bin antiklerikal, ich bin ein Freigeist, ich habe nichts mit der katholischen Kirche zu tun«, sage ich gewöhnlich. Und es ist wahr. Aber nur die halbe Wahrheit. Denn, ob es mir gefällt oder nicht, ich habe damit zu tun. Verdammt, und wie! Und wie könnte es anders sein? Ich bin in einer Landschaft voller Kirchen, Klöster, Christusfiguren, Madonnen, Heiliger und Kreuze geboren. […]

Ich meine, wir Europäer sind nicht in der gleichen Lage wie die Amerikaner. […] Ich meine, dass unsere kulturelle Identität, eben weil sie seit vielen Jahrhunderten sehr genau definiert ist, keine Immigrationswelle verkraften kann, mit der Menschen hereinströmen, die auf die eine oder andere Weise unsere Lebenswelt verändern wollen. Unsere Prinzipien, unsere Werte. Ich meine, dass bei uns kein Platz ist für Muezzins, Minarette, falsche Abstinenzler, den verfluchten Tschador und die noch verfluchtere Burkah. Und auch wenn welcher da wäre, würde ich ihn diesen Menschen nicht geben. denn das würde bedeuten, Dante Alighieri, Leonardo da Vinci, Michelangelo, Raffael, die Renaissance, die Aufklärung, das Risorgimento, die Freiheit, die wir recht oder schlecht errungen haben, den Wohlstand, den wir zweifellos erreicht haben, wegzuwerfen. Es würde bedeuten, ihnen unser Vaterland zu schenken. In meinem Fall Italien. Und ich schenke ihnen Italien nicht.”

Es ist ein Treppenwitz der Geschichte, dass der konservative Protestant Viktor Orbán heute im Grunde mit den identischen Argumenten, wie sie eine linke, atheistische italienische Journalistin vor 15 oder auch 30 Jahren gebrauchte, gegen die an Kapitulation oder Verrat grenzende Politik der EU ankämpft. Das Buch “Die Wut und der Stolz” ist natürlich nur noch antiquarisch zu bekommen. Kaum ein deutscher Verlag würde es heute drucken. Lesen Sie es! Es ist eines der zentralen Dokumente politischer Hell- und Klarsicht in Zeiten der Beliebigkeit.