Das kriegsgeschüttelte Syrien sollte sich den Libanon zum Vorbild nehmen und dessen Verfassung einführen. Das schlägt der Vertreter der maronitischen Christen beim Heiligen Stuhl, Francois Eid, im Gespräch mit Radio Vatikan vor. Konkret bedeutet das libanesische Modell: Jede Religionsgemeinschaft und Volksgruppe muss im Parlament vertreten sein, und es gilt das demokratische Prinzip, dass die politische Mehrheit regiert, aber die Opposition nicht verfolgt wird.
Zwar habe auch der Libanon viele Krisen durchgemacht und leide auch derzeit an wirtschaftlichen und vor allem politischen Schwierigkeiten, so Eid, doch sei er die einzige Demokratie in der Region, in der das Zusammenleben von Christen und Muslime funktioniere. Im Libanon leben derzeit 1,8 Millionen syrische Flüchtlinge. Die Bevölkerung Libanons beträgt jedoch nur knapp 4,5 Millionen Einwohner. Darum bedeute die Anwesenheit der Flüchtlinge aus dem Nachbarland eine große Belastung für die libanesische Gesellschaft, vor allem für die Christen, weil die muslimischen Gruppen wie etwa die Hisbollah damit zahlenmäßig stärker werde.
„Die Christen im Libanon zahlen derzeit einen hohen Preis. Doch allgemein fühlen sich alle Libanesen – egal ob Christen oder Muslime – geeint, und das stellen wir trotz der Entwicklung zum Schlimmeren fest. Unsere Verfassung garantiert allen 18 anerkannten Religionsgemeinschaften weiterhin ihren Status. In den anderen muslimisch geprägten Ländern in der Region genießen die Christen kein solches Recht.“
Ein wichtiger und angesehener Religionsführer im Nahen Osten sei der Papst, fügt Monsignore Eid hinzu. „Wenn er zu den Menschen im Nahen Osten spricht, dann betont der Papst immer, dass wir alle Kinder des einen Gottes sind. Wir sind Geschwister und können problemlos miteinander leben, so lautet die Botschaft des Papstes. Wir sind verschieden, sollten diese Unterschiede aber als Bereicherung und nicht als Trennung betrachten.“
Die politischen Führer im Nahen Osten – nicht nur im Libanon oder in Syrien – sollten doch ebenfalls mehr auf die konkreten Probleme der Menschen schauen, statt das Trennende zu akzentuieren. Leider gelte weiterhin die Religionszugehörigkeit als der Hauptgrund für politische Entscheidungen im gesamten Nahen Osten, bedauert Eid. Dabei seien Armut und Bildungsnotstand die größten Problem, nicht die Zugehörigkeit zur schiitischen, sunnitischen oder christlichen Gemeinschaft. Dies anzuerkennen wäre schon ein großer Fortschritt.