Duzdar warnt im Libanon vor Flächenbrand

Kanzleramtsstaatssekretärin Muna Duzdar fordert nach der Besichtigung von Flüchtlingslagern im Libanon, dass man das Nachbarland Syriens “nicht allein lassen darf in der Bewältigung der Fluchtbewegung”. Sonst könne es in dem kleinen Land wieder zu politischen Spannungen kommen und die Region destabilisiert werden, warnte sie am Freitag im APA-Gespräch: “Das kann zu einem Flächenbrand werden.”

 

Der Libanon ist massiv vom syrischen Bürgerkrieg betroffen. Schätzungen zufolge ist einer von vier Einwohnern mittlerweile ein Flüchtling. Das ohnehin krisengebeutelte Land ist mit der Situation schlicht überfordert. Man müsse die Kapazitäten stärken, die EU müsse hier mehr “Hilfe vor Ort” leisten, meinte Duzdar. Es gehe nicht nur um Grundversorgung wie Essen, sondern etwa auch Bildung, verwies Duzdar darauf, dass die Hälfte der syrischen Flüchtlingskinder im Libanon nicht in die Schule geht. Wie Jordanien müsse man den Libanon auch finanziell stärker unterstützen, forderte die Staatssekretärin.

 

Eine EU-Obergrenze für Flüchtlinge, wie sie Duzdars SPÖ-Parteikollege Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil wünscht, müsse auf europäischer Ebene diskutiert werden, sagte Duzdar. Sie sei nicht gegen eine solche Obergrenze, aber aus ihrer Sicht “Priorität” hätten die “Hilfe vor Ort”, EU-Antragszentren und Resettlement-Programme.

 

Doskozil hätte ja auch gerne, dass Asylanträge nur mehr in “Verfahrenszentren” außerhalb der EU gestellt werden können. “Ich bin immer eine Befürworterin von EU-Aufnahmezentren gewesen”, unterstützt Duzdar ihren Parteifreund. Es bringe nichts, sich auf einen lebensgefährlichen Fluchtweg zu begeben, wenn keine Chance auf Asyl bestehe. Auf die Frage, ob sie das nach ihrem Lokalaugenschein der Verhältnisse im Libanon tatsächlich für möglich hielte, erklärte Duzdar, es gehe ihr nicht um große, sondern viele kleine solche Einrichtungen in den Nachbarländern von Krisenregionen. Derzeit gebe es keine legale Möglichkeit, nach Europa zu kommen, sondern nur über Schlepper – das könnte man eben so ändern, meint Duzdar.

 

Donnerstagabend war Duzdar bei den österreichischen Soldaten der UNIFIL-Mission im Hauptquartier in Naquoura im Süden des Landes zu Gast. Aufgabe der Mission mit 10.500 Soldaten aus 40 Ländern ist es, die Einstellung der Feindseligkeiten zwischen dem Libanon und Israel zu überwachen, dessen Grenze gut drei Kilometer entfernt vom Camp liegt. Sie sei “begeistert”, dass österreichische Soldaten hier “einen Beitrag zum Frieden in der Welt leisten”, sagte Duzdar. Es gehe um die Stabilisierung einer ganzen Region.

 

Für die UNIFIL-Soldaten herrscht derzeit laut Kontingentskommandant Thomas Güttersberger Alarmstufe “gelb”, das heißt, die 183 Österreicher, die zum Beispiel für Transportabwicklung zuständig sind, verlassen das Camp nur in voller Ausrüstung. Die Lage sei “ruhig, aber instabil”, die Situation könne sich jederzeit ändern. Duzdar betonte, es sei notwendig, dass sich Österreich in den nächsten Jahren weiterhin in der Mission engagiere.

 

Seit 1948 befindet sich der Libanon mit Israel im Kriegszustand. Die Mission startete 1978, 2006 wurde das Mandat ausgeweitet, weil es nach der Entführung zweier israelischer Soldaten eine militärische Intervention Israels im Libanon gab – mit Major Hans Peter Lang starb damals auch ein Österreicher.

 

Neben Herausforderungen wie permanenten innerstaatlichen Konflikten zwischen Schiiten und Sunniten und Sicherheitsproblemen mit den Palästinenser-Siedlungen beobachten die Soldaten im Libanon auch eine zunehmende “Infiltration durch Terroristen”, die vom Syrien-Krieg ins Nachbarland ausweichen.

 

Nach wie vor gibt es immer wieder Scharmützel zwischen der Hisbollah und Israel. Schießt beispielsweise wie vor einem Jahr die Hisbollah aus Bananenplantagen Raketen Richtung Süden, antwortet Israel stets mit einem Gegenschlag. Täglich kommt es zu Verletzungen des Luftraums etwa durch Drohnen-Aufklärungsflüge. Die Hisbollah konzentriert ihre Aktivitäten derzeit freilich stark auf Syrien. Gleichzeitig finden in Israel allerdings in letzter Zeit wieder öfter Schutzübungen für die Zivilbevölkerung statt, ist zu hören.