Er ist leidenschaftlicher Trainer, im Libanon findet er sein Glück: Der Berliner Robert Jaspert sucht für den Rekordmeister Al Ansar FC aus Beirut die Erfolgsformel im Kampf um den Titel. Mit dem Fußball in Deutschland schließt er vorerst ab.
Die amerikanische Universität Beirut besitzt im Libanon einen exzellenten Ruf. Und Robert Jaspert, 57 Jahre alt, hätte als studierter Molekularbiologe sicherlich die Chance, dort eine Stelle zu bekommen. Doch statt sich mit der DNA und Proteinen zu beschäftigen, kümmert er sich lieber darum, eine Erfolgsformel für den Al Ansar FC zu finden. Seit Anfang September ist Robert Jaspert neuer Cheftrainer beim libanesischen Fußball-Rekordmeister aus Beirut.
Für den Berliner ist der Nahe Osten eine zweite Heimat geworden, in den Libanon hat er sich verliebt. Einer der Gründe waren seine zwei erfolgreichen Engagements beim Traditionsverein Al Ahed, mit dem er 2016 die Vizemeisterschaft gewann. “Das Besondere am Libanon ist, dass man trotz des muslimischen Glaubens mit vielen anderen Konfessionen in Frieden und Respekt lebt. Zudem sind die Libanesen weltoffen und viel freier im Denken als andere arabische Länder.” Nach einem Abstecher in den Bahrain zu Al-Muharraq SC hat ihn das Land am Mittelmeer zurück.
Seinen neuen Verein Al Ansar FC soll Robert Jaspert zum Meistertitel führen. Zwar sind die Grünen mit 27 nationalen Titeln eine der erfolgreichsten Mannschaften im libanesischen Fußball, doch zuletzt gewann Al Ansar 2007 die Meisterschaft. “Zunächst ist es für mich eine große Ehre die Mannschaft betreuen zu dürfen. In der Vergangenheit wurde Al Ansar von einigen Teams überholt, umso spannender wird die Aufgabe, Al Ansar wieder in die erfolgreiche Schiene zurückzubringen.” Dadurch, dass Al Ansar in der zurückliegenden Saison den nationalen Pokal gewonnen hat, dürfen die Grünen am AFC-Cup teilnehmen, vergleichbar mit der Europaliga.
“Bisher hat es noch kein Team aus dem Libanon geschafft den AFC-Cup zu gewinnen. Dementsprechend ist der Anreiz groß mit dem Verein Geschichte zu schreiben”, sagt Robert Jaspert, der sich auch als eine Art Entwicklungshelfer sieht. “Mir ist es wichtig, nicht nur die Spieler, sondern auch die Trainer weiterzuentwickeln. Das Ziel des Verbands und der Vereine sollte sein, langfristig auf heimische Trainer zu setzen. Dazu gehört es aber auch professionelle Strukturen zu schaffen, die momentan noch nicht so ausgeprägt sind.”
Mit dem Fußball in Deutschland hat Robert Jaspert, der über Jahre hinweg Trainer des 1.FC Union Berlin II war und als Co-Trainer von Pierre Littbarski beim Zweitligisten MSV Duisburg in Deutschland in Erscheinung getreten ist, vorerst abgeschlossen. “Ich sehe meine Zukunft klar im Ausland. Das Problem, das wir in Deutschland, aber auch in Europa haben: Die Wertschätzung für die Trainer schwindet. Da reichen nur zwei, drei schlechte Spiele – und alles wird gleich hinterfragt und die Entlassung gefordert. In den arabischen Ländern herrscht ein größerer Respekt. Da erinnern sich die Fans auch noch an Titel, die fünf Jahre zurückliegen und kommen freudestrahlend auf einen zu.”
Die Gründe, weshalb so wenig Spieler aus dem Libanon den Weg nach Europa schaffen, sind laut Jaspert hausgemacht. “Die Jungs sind technisch sehr gut ausbildet, weil sie auf der Straße das Fußballspielen lernen und dass vielleicht die härteste Schule ist. Das Hauptproblem ist die Disziplin. Da fehlt es häufig an Tugenden wie Pünktlichkeit oder auch Ehrgeiz”, erklärt Robert Jaspert, der sich hütet, die Libanesen in ihrer Freiheit zu beschneiden. “Wie im richtigen Leben geht es um Geben und Nehmen. Ich kann den Libanesen nicht alles verbieten und dann verlangen, dass man erfolgreich Fußball spielt. Sondern ich lasse den Spielern auch Freiräume, sei es das tägliche Shishan.”
Kurios sind im Libanon die Transferregeln. Jeder Verein darf lediglich drei ausländische Spieler im Kader haben und nur libanesische Torhüter verpflichten. “Selbst wenn ich einen Keeper aus einem Nachbarland verpflichten möchte, hätte ich extreme Schwierigkeiten, dies hinzubekommen.” Und Robert Jaspert hat zum Schluss noch eine Botschaft: “Im Rahmen der Flüchtlingskrise wird mir zu viel über Deutschland geredet. Der Libanon hat in den vergangen Jahren eine Million Flüchtlinge aufgenommen. Das Land ist deutlich kleiner als Deutschland und hat auch viel weniger wirtschaftliche Ressourcen. Darüber verliert leider keiner ein Wort.”
Quelle: n-tv.de