Das Leben in der einst weltoffenen Wirtschaftsmetropole Aleppo im Norden Syriens ist unter die Erde abgewandert. Unten treffen sich die Menschen zum Fußball gucken, darüber fallen Bomben. Die Opferzahlen steigen wieder.
Das, was vom gesellschaftlichen Leben in Aleppo geblieben ist, spielt sich unter der Erde ab. In den Kellern der umkämpften syrischen Stadt malen und spielen die Kinder, während über ihnen Bomben fallen. Die Erwachsenen lesen oder treffen sich zum Fernsehen. Vor allem zur Fußball-EM kommen die Menschen derzeit zusammen, sagt der Arzt Hamsa Chatib.
Raum für größere Veranstaltungen bieten vier Schutzkeller. Darin haben auch Büchereien Unterschlupf gefunden. Die Schulen hingegen sind auch im sechsten Jahr des Krieges noch oberirdisch – und damit in immerwährender Gefahr.
Die Millionenstadt Aleppo im Norden Syriens war einst die Wirtschaftsmetropole des Landes, weltoffen und produktiv. Inzwischen ist sie zum Symbol für den festgefahrenen Krieg geworden, die anhaltenden Kämpfe und Bombardements haben sie nahezu unbewohnbar gemacht. Seit 2012 ist Aleppo zwischen Rebellen und Regierungstruppen aufgeteilt, und auf beiden Seiten wird die Lage für die Menschen immer dramatischer.
„So schlimm war es noch nie“, sagt eine Einwohnerin von Aleppo, die vor den Kämpfen in den Libanon geflohen ist. Ihren Namen will sie aus Angst nicht nennen. „Die Leute verabschieden sich, wie wenn sie nicht sicher sind, sich wieder zu sehen.“ Bewohner auf beiden Seiten der Stadt fürchten, dass sie in nicht allzu ferner Zukunft nicht einmal mehr ihre Stadtviertel verlassen können.
Nachdem Aleppo in einer international vermittelten Waffenpause zwei Monate lang etwas Atem schöpfen konnte, steigt jetzt die Opferzahl wieder an. Seit Ende April geht die oppositionsnahe Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte mit Sitz in Großbritannien von mehr als 300 Toten in den von Regierungsgegnern kontrollierten Vierteln aus. Sie fielen mutmaßlichen Luftangriffen der Regierungstruppen und ihrer russischen Verbündeten zum Opfer. Rund 240 Menschen wurden den Menschenrechtlern zufolge bei Rebellenangriffen getötet.
„Man geht nur noch raus, wenn man muss“, sagt die aus Aleppo in den Libanon geflohene Einwohnerin. Sie beschreibt, wie Geschosse aus umfunktionierten Benzinkanistern nahe ihrem Haus einschlugen und drei Mitglieder einer Familie töteten. „Man weiß nie, wo eine Rakete einschlägt.“