AMMAN/BEIRUT (dpa) – Jordanien und der Libanon haben zahlreiche Syrien-Flüchtlinge aufgenommen. Immer noch träumen einige von einer Weiterreise nach Europa. Der Bundespräsident will sie nicht ermutigen.
Zwischen dem syrischen Flüchtlingslager Al-Asrak und dem Luftwaffenstützpunkt mit demselben Namen liegen nur gut 20 Minuten Fahrt. Die zwei Orte in der wüstenähnlichen Landschaft im Norden Jordaniens haben wenig miteinander zu tun – zumindest auf den ersten Blick. Aber Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier besucht sie beide an diesem Montag.
Seine Botschaft ist dann doch fast die gleiche: Die deutsche Hilfe für die vielen Hunderttausend Flüchtlinge in Jordanien wird ebenso weitergehen wie – zumindest erst einmal – der Einsatz der Bundeswehr zur Unterstützung des Kampfs gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS). «Ihr Dienst hier ist weiter wichtig», ruft Steinmeier den deutschen Soldaten zu – für die Menschen in Jordanien, aber auch für die Sicherheit Deutschlands.
Sieben Mal war Frank-Walter Steinmeier als Außenminister in Jordanien. Er kennt, das merkt man bei jedem seiner Sätze, die komplizierte Lage des Landes, zwischen Israel, Palästinensern und dem Bürgerkrieg in Syrien, zwischen Saudi-Arabien, dem Iran und den USA. Und nicht zuletzt weiß er um die angespannte wirtschaftliche Situation. Aber nun ist er zum ersten Mal als Bundespräsident hier, und da ist manches anders. Und weil in Berlin immer noch keine Regierung steht, ist er in diesen Tagen ein besonders willkommener Ansprechpartner.
Steinmeier, so heißt es aus seiner Umgebung, will bei einer Auslandsreise auch einmal mehr sehen als nur den Flughafen, das Hotel und das eine oder andere Ministerium. Und er nimmt sich diesmal Zeit, die Zitadelle von Amman zu besichtigen, die einzige echte Sehenswürdigkeit der Hauptstadt. Er besucht archäologische Stätten, spricht mit Künstlern und Unternehmern, Schülern und Studenten.
Aber das reicht natürlich nicht. Am Montagmorgen trifft Steinmeier in Al-Asrak ein. Dort sind, gut 50 Kilometer südlich der syrischen Grenze, seit einigen Monaten etwa 300 Bundeswehrsoldaten stationiert, weil sie aus dem türkischen Incirlik abgezogen werden mussten. Die Türkei hatte wiederholt den Besuch von Bundestagsabgeordneten bei der deutschen Truppe untersagt. «Mit Sicherheit die richtige Wahl», sagt Steinmeier zum Standort.
Der Umzug war eine große und kostspielige logistische Herausforderung. Aber jetzt, da die islamistische Terrormiliz IS im Irak und in Syrien so gut wie besiegt erscheint, ist nicht ganz klar, was die deutschen Soldaten eigentlich noch in Al-Asrak hält.
Nicht weit vom Stützpunkt entfernt liegt das Flüchtlingslager, es ist das zweitgrößte in Jordanien. Über die Hälfte der rund 36 000 Syrer dort sind Kinder. Und das Lager gilt als relativ modern und gut ausgestattet. Die Bewohner können in Supermärkten bargeldlos einkaufen, eine Iris-Scan-Technik macht das möglich.
Die Armut ist dennoch unübersehbar. 24 Euro pro Monat stehen den Flüchtlingen zur Verfügung, weniger als ein Euro pro Person und Tag. «Wir haben den Traum, nach Deutschland zu kommen», sagt Aburahman (40). Er ist Ingenieur, seine Frau ist Englischlehrerin, sie haben Verwandte in Deutschland.
Aber so richttg glaubt er wohl nicht mehr an seinen Traum. Wenig später sagt Steinmeier: «Ich glaube, die Zeit, in der Flüchtlinge weiterwandern wollen Richtung Europa, scheint mir hier vorbei zu sein.» Deutschland unterstützt Jordanien relativ großzügig. 2017 waren es 595 Millionen Euro.
Auch im Libanon, dort traf Steinmeier am Montagnachmittag ein, kennt er sich aus. Sechs Mal war er hier als Außenminister. Ebenso wie Jordanien ist für den ehemaligen Chefdiplomaten auch der Libanon ein Schlüssel-Land in der extrem konfliktträchtigen Region. Über ein Viertel der Menschen hier sind Flüchtlinge aus Syrien. Präsident Michel Aoun möchte so viele wie möglich in beruhigte Gebiete Syriens zurückschicken. Ihn traf Steinmeier im Präsidentenpalast Baabda.
Der Libanon und Jordanien – Flüchtlinge und Militär: Auch an der libanesischen Küste sind deutsche Soldaten stationiert, um mit der UN-Mission Unifil die Seegrenze zu schützen. Jordanien und der Libanon – zwei kleine Länder müssen die Hauptlast der Flüchtlingsbewegung aus Syrien bewältigen. Deutschland ist zu weiterer finanzieller Unterstützung bereit – auch damit sich die Menschen nicht doch auf den Weg machen.