Beirut/Werl – Die Friedensmission UNIFIL (United Nations Interim Force in Lebanon) unterstützt die libanesische Regierung dabei, die Seegrenzen zu sichern und Waffenschmuggel von See aus zu verhindern. Mit dabei: Sascha B. aus Werl. Der Marinesoldat bildet vor Ort libanesische Soldaten aus.
Handball und Kick-Boxen in Wickede, Basketball in Werl, Aikido in Soest. Und dann, während der Offiziersausbildung, die große Herausforderung: Das Challenge Roth Iron Man in Franken, sein größter sportlicher Erfolg. Sascha B., heute Oberleutnant zur See, war schon von klein auf sportlich. Und abenteuerlustig. Sehr sogar. Er interessierte sich zudem für alles, was mit der Seefahrt zusammenhing. Kein Wunder, der Opa und der Vater dienten schon bei der Marine. Da gab es immer genug Geschichten, die mit Schiffen und Meer zusammenhingen. „Mit den Kameraden zur See fahren mache ich am liebsten“, sagt der 32-Jährige heute. Und für Strom und wo der herkommt interessierte er sich auch. Schon seit Kindesbeinen an. Beide Interessengebiete sind heute sein Beruf. Zurzeit bildet er libanesische Kameraden in Elektronik aus. So passt alles zusammen. Bereut hat Sascha B. seine Berufswahl, zur Marine zu gehen, nicht.
“” style=”box-sizing: border-box; margin: auto !important; padding: 0px; border: 0px; font-size: 17px; vertical-align: bottom;”>Feuer im Maschinenraum
Der Mann liegt am Boden und schreit. Vor Schmerzen. Er hat eine klaffende Wunde am Bein. Blut rinnt auf den Boden. Er keucht. Das Feuer im Maschinenraum des Patrouillenbootes breitet sich in Windeseile aus. Männer in Schutzanzügen nähern sich, Feuerlöscher in der Hand. Um den Mann am Boden können sie sich nicht kümmern. Noch nicht. Zuerst muss der Brandherd gelöscht werden. Sie tragen Atemschutzgeräte, der Verletzte nicht. Er keucht, hustet, drückt die Faust vor Mund und Nase. Jetzt muss alles sehr schnell gehen. Ein Löschschlauch wird um den Oberkörper des Opfers gewickelt und verknotet. Dann wird er vorsichtig die schmale Stiege nach oben gehievt. Mittlerweile ist er bewusstlos. An Deck beginnt seine Wiederbelebung.
An Bord ist auch Sascha B. Er ist im Moment der wichtigste Mann auf dem Patrouillenboot. Denn er leitet die Übung an diesem heißen Tag vor der Küste Beiruts. Die Mannschaft ist angespannt. Heute ist der letzte Tag ihrer Ausbildungsmission, die der 32-jährige Soldat im Rahmen eines UN-Einsatzes begleitet. Rund 130 deutsche UN-Blauhelmsoldaten beteiligen sich an einer der ältesten friedenserhaltenden Einsätze der Vereinten Nationen – UNIFIL. Dreh- und Angelpunkt ist der Nahe Osten, genauer der Libanon. Sascha B. ist einer von ihnen.
„Wir profitieren von der deutschen Marine“
Der Werler hält seinen Daumen nach oben. „Gut gemacht!“, lobt er die einheimischen Soldaten. Er unterrichtet auch Elektronik an der Marineschule in Jounieh im Norden Beiruts. In Zusammenarbeit mit Küstenradarstationen der libanesischen Marine wird der Seeraum überwacht, werden Frachtschiffe kontrolliert und soll der Waffenschmuggel unterbunden werden. Unterstützt wird der Einsatz von der deutschen Korvette „Braunschweig“, die vor der libanesischen Küste liegt und ihren Heimathafen in Limassol auf Zypern hat. „Wir profitieren immens von der Expertise der deutschen Marine“, betont ein einheimischer Ausbilder.
Deutschland unterstützt die libanesische Marine mit Patrouillenbooten, Radarstationen, Ersatzteilen, Computern und einem Simulator für die Marineschule, mit dem sich die Kadetten auf ihre Aufgaben an Bord vorbereiten. Dem geprüften Marineschwimmtaucher macht die Arbeit Spaß. „Die Besatzung ist hoch motiviert. Die Ausbildung wird dankbar angenommen.“ Dennoch muss er viel improvisieren. „Das, was uns hier an Material zur Verfügung steht, ist nicht das Beste.“ Das Patrouillenboot kam einst aus Deutschland als Spende. Seine besten Tage hat es allerdings hinter sich.
Denkt Sascha B. an seine Tage in Werl zurück, erinnert er sich an die täglichen Fahrten mit dem Bus zur Städtischen Realschule. Sein Traum war ein eigenes Mofa. Dieses begleitete ihn schließlich auf dem Weg zum Fachabitur in Elektrotechnik am Börde-Berufskolleg in Soest. „Jeden Tag fuhr ich etwa 40 Kilometer zur Schule. Bei Wind und Wetter“, schmunzelt Sascha B. heute. Das Malheur passierte auf der B1. „Der Auspuff ist eines Tages einfach abgefallen. Auf dem Weg zur Schule. Der Lehrer wollte mir erst nicht glauben, als ich zu spät kam“, lacht er. „Zum Glück hatte ich das Beweisstück im Rucksack, neben meinem Frühstücksbrötchen!“
Dem in Wickede an der Ruhr Geborenen hat schon der Grundwehrdienst bei der Marine gefallen. Nach dem Fachabi in Soest folgte die Ausbildung an der Marinetechnikschule in Parow sowie an der Marineschule Mürwik in Flensburg, im so genannten „Roten Schloss am Meer“. Die Praxis erlernte er auf dem Tender „Mosel“. „Damit war ich sogar noch in Sewastopol auf der Halbinsel Krim, kurz bevor der Krieg begann.“
Sascha B. ist viel unterwegs. Seine Frau Jessica ist in Bergen auf Rügen geboren und jetzt Lehrerin der 4. Klasse an der Grundschule in Garz. „Wir telefonieren täglich oder skypen“, ergänzt Sascha B. „Sie hat mich während eines Lehrgangs für Flugkörperschnellboote in Parow kennen gelernt. Sie steht zu meiner Karriere.“ Zugunsten der Offizierslaufbahn hat der 32-Jährige auf ein Universitätsstudium verzichtet. „Das Angebot kam von meinem Ausbilder, und ich habe zugesagt.“
Die UNIFIL-Mission gibt es seit 1978. Die deutschen Soldaten seien sehr beliebt im Libanon. „Die Ausbildung der libanesischen Soldaten muss noch intensiviert werden. Wir leisten einen entscheidenden Beitrag zur Friedenssicherung in der Region. Die libanesische Armee ist in der Lage, ihre Hoheitsgewässer zu kontrollieren“, sagt Axel Schrader, deutscher Kontingentleiter der UN-Mission im Hauptquartier Limassol auf Zypern. Eine Bedrohung sei natürlich immer latent vorhanden durch den „IS“. „Aber im Moment sehe ich da keine Gefahr für meine Leute.“
Die Übung auf dem Patrouillenboot ist erfolgreich abgelaufen. Jetzt ruft die Pflicht: Zeugnisse ausgeben! Denn auf die haben die libanesischen Kadetten schon sehnsüchtig gewartet. Die Ausbildung haben alle mit Bravour bestanden.
Nächste Mission: „Flüchtlinge retten!“
Sascha B. freut sich auf die Zukunft bei der Marine. Nach rund sechs Monaten wird er wieder zuhause sein. Aber nicht lange. Denn sein nächster Auftrag könnte durchaus die Operation Sophia im Mittelmeer sein. „Flüchtlinge retten!“, ergänzt er.
Aus Sicherheitsgründen darf der Nachname von Sascha B. nicht genannt werden. Er ist der Autorin und der Redaktion bekan