Dass diese Aussage ein Regierungsvertreter traf, der selbst für seine harte Haltung gegen Palästinenser bekannt war und diese mit einem Krebsgeschwür verglich, das man „bis zum bitteren Ende“ bekämpfen müsse, wirft ein bezeichnendes Licht auf die derzeitige Verhasstheit Israels.
Wird Unrecht zu Recht, dann wird Auswandern zur Pflicht!
Ich habe den Ministerpräsidenten heute Morgen informiert, dass aufgrund seiner Handlungsweise bei den aktuellen Entwicklungen, und angesichts meines fehlenden Vertrauens in ihn, ich von der Regierung und der Knesset [israelisches Parlament] zurücktrete und eine Auszeit von der Politik nehme. … Ich habe mit meiner ganzen Kraft gegen Manifestationen von Extremismus, Gewalt und Rassismus in der israelischen Gesellschaft gekämpft, die ihre Standfestigkeit bedroht und in die IDF (Israel Defence Force) tröpfelt, sie bereits untergräbt.“
Moshe Ya`alon, gebürtiger Smilanski (Vater war Ukrainer, Mutter Polin), ehemaliger Stabschef der israelischen Armee und General a.D., kann ganz sicher nicht als „Linker“ oder als Pazifist betrachtet werden. Unter seiner operationellen Leitung töteten israelische Spezialeinheiten hochrangige PLO-Anführer in Tunesien und Zypern.
Als Verantwortlicher für das Gaza-Massaker vom 22. Juli 2002, erließ ein neuseeländisches Gericht 2006 einen Haftbefehl wegen möglicher Kriegsverbrechen gegen ihn, bis dieses auf Druck der neuseeländischen Regierung durch den Generalstaatsanwalt aufgehoben wurde
Für das Massaker 2010 auf dem Boot Mavi Marmara der so genannten „Gaza Flotilla“, erließ ein spanisches Gericht 2015 Haftbefehle gegen Ya`alon und weitere israelische Regierungsmitglieder. Aus diesem Grund sagten bereits einige Regierungsmitglieder und Armeeangehörige im Jahr 2010 ihre Besuche in Großbritannien ab, da die Regierung in London nicht „garantieren“ konnte, dass britische Gerichte nicht auch Haftbefehle gegen sie aussprechen und sie bei ihrer Ankunft verhaftet würden.
Dem Amt des Verteidigungsministers unterliegt nicht nur die Verantwortung für die Sicherheit des israelischen Staates und dessen Bürgerinnen und Bürgern, sondern auch der gesamte Unterdrückungsapparat der besetzten Gebiete im Westjordanland, einschließlich der illegalen Siedlungen.
Dem Gebiet eigentlich, wo seit Jahren ein palästinensischer Staat entstehen sollte, in der Realität aber nicht mehr erzielbar ist. Jeder, der schon einmal in „Palästina“ war – ich benutze lieber diese Bezeichnung die auch von den Menschen selbst benutzt wird und nicht wie „besetzte Gebiete“ negativ behaftet ist – und mit eigenen Augen gesehen hat, was die israelische Besatzung von diesem Land gemacht hat, wird unweigerlich zur Erkenntnis kommen, dass da kein eigener Staat mehr möglich ist.
Dennoch halten europäische wie auch amerikanische Politiker diese Scharade aufrecht, um einerseits nicht die Konsequenz der Erkenntnis ziehen zu müssen, und andererseits um das Milliardengeschäft rund um das Thema Besatzung am Leben zu erhalten (Israelische Zeitung: “Werft 30 Atombomben auf Iran, Deutschland und Ruhe ist für 1000 Jahre”).
Als die USA Ende 2013/Anfang 2014 mal wieder einen Anlauf für „Friedensverhandlungen“ unternahmen, war es auch Moshe Ya`alon der sich am lautesten dagegen verwehrte. Er beschuldigte US-Aussenminister John Kerry der „unverständlichen Besessenheit“ und des „Messianismus“, und dass es seiner Meinung das Beste wäre, wenn „John Kerry den Nobelpreis erhält und uns in Ruhe lässt“.
Nur kurze Zeit später attackierte er auch US-Präsident Barack Obama, „Schwäche in jede Region der Welt auszustrahlen“. In Israel erhielten seine Attacken breite Zustimmung, in Amerika zeigte man sicher eher irritiert. Immerhin überweist Washington jährlich drei Milliarden US-Dollar an Tel Aviv, mit steigender Tendenz, da fragte man sich schon was diese Tirade zu bedeuten hat.
Wenn also ein Mann, der auch schon gemeint hat „die palästinensische Gefahr“ für Israel „krebsähnliche Attribute“ aufweist und „bis zum bitteren Ende bekämpft“ werden muss, meint, dass Israel „von Extremisten übernommen“ wurde, hat das etwas auszusagen. Denn der Grund für seinen Rücktritt liegt darin, dass er die Verhaftung und Verurteilung eines jungen Soldaten unterstützte, der kaltblütig einen bereits außer Gefecht gesetzten Palästinenser vor laufender Kamera getötet hat.
Ganz im Gegensatz zu Ministerpräsident Benjamin Netanyahu und anderen Politikern, die diesen Mord als daily business sehen und daher auch nicht weiter verfolgt werden sollte. Natürlich spielt politisches Kalkül eine Rolle. Sie möchten auf der Welle der Entrüstung ganz oben mitreiten und sich als Stimme eben jener israelischen Bevölkerung präsentieren, die von „Extremismus, Gewalt und Rassismus“ durchzogen ist. Es war schließlich kein Zufall, dass Präsident Reuven Rivlin gesagt hat:
„Die israelische Gesellschaft ist krank“.
Als Nachfolger von Ya`alon möchte Netanyahu seinen ehemaligen Außenminister und politischen Rivalen Avigdor Lieberman haben, einem rechtsextremistischen Einwanderer aus Moldawien, wo er unter anderem als Türsteher eines Nachtclubs gearbeitet hat. Politischen Analysten, wie natürlich auch den Israelis und Palästinensern selbst, ist Lieberman mit seinem Ruf zur „Enthauptung von illoyalen Palästinensern“ noch bestens in Erinnerung. Oder wegen seinem Rücktritt als Außenminister aufgrund von Korruptionsvorwürfen, oder weil er damit gedroht hat, im Falle einer Krise mit Ägypten solle Israel den Assuan-Staudamm bombardieren
Was einfach politische Rhetorik und was tatsächlich davon ernst gemeint ist, kann natürlich niemand sagen. Fakt bleibt aber, dass selbst diese Rhetorik nicht dazu dient, um irgendeine Art von Verständigung zu erzielen. Weder mit den Palästinensern, noch mit der internationalen Gemeinschaft. Und dass ausgerechnet so ein Mann – ebenfalls rhetorisch gemeint – auf einem ganzen Arsenal von ABC-Waffen sitzen soll, und dabei noch in irgendeiner Art und Weise die israelische Besatzung verwalten soll, übersteigt momentan jegliches Vorstellungsvermögen (Israel und Palästina: „Als Jüdin gegen den Zionismus“).
Nicht zuletzt auch deshalb, weil Netanyahus Absicht hinter dieser Wahl eine ziemlich sinistere ist: die IDF von ihrem säkularen Offizierskorps zu säubern und somit „offener“ für Netanyahus Pläne werden zu lassen. Dass wir keinen Israel – Iran Krieg erlebt haben, liegt nicht zuletzt auch an den besonneneren Stimmen in der israelischen Armee, die sich öffentlich gegen Netanyahu gestemmt haben, als dieser losschlagen wollte (7.110 Menschen in Haft: Israelische Armee verhaftet und verhört tausende palästinensische Kinder (Video)).
Lieberman soll der Mann fürs Grobe werden. Er soll als Verteidigungsminister dafür Sorge tragen, dass die letzten Elemente der einst wichtigsten und einzigen (nebst der Religion) Schmiede für ein israelisches Nationalbewusstsein ihre relative Unabhängigkeit verlieren. Kein Wunder also, dass sich immer mehr Menschen, die diese Entwicklung mit Sorge verfolgen, fragen, ob sich Israel auf dem Weg in den Faschismus befindet. Es soll aber niemand sagen, dass es keine Warnungen gegeben hat.
Etwa fünf Millionen Palästinenser auf der Flucht
Etwa fünf Millionen Palästinenser befinden sich nach Angaben des palästinensischen Zentrums für Statistik auf der Flucht.
Alässlich des 68. Jahrestags der Besatzung Palästinas teilte das palästinensische Zentrum mit, 4.120.000 Palästinenser innerhalt und außerhalb der besetzten Palästinensergebiete sind auf der Flucht.
Dabei hatten diesem Bericht zufolge 2,4 Millionen Palästinenser noch vor der Besetzung Palästinas 1948 in 1300 Städten und Dörfern Palästinas gelebt.
800.000 Palästinenser mussten ihre Heimat wegen Verbrechen der zionistischen Gruppierungen verlassen (Zehntausende Juden protestierten in New York gegen Israels neues Wehrgesetz und Zionismus (Videos)).
Laut offiziellen Statistiken leben 6,2 Millionen Palästinenser in dem historischen Palästina. Diese Zahl wird voraussichtlich bis 2020 auf 7,1 Millionen steigen.
29 Prozent palästinensischer Flüchtlinge leben in 58 Lagern, davon zehn Prozent in Jordanien, neun Prozent in Syrien, und etwa zehn Prozent im Libanon.