Abzug aus dem Libanon: Al-Qaida aus Nachbarland Syriens vertrieben. Iran und Türkei bemühen sich um Deeskalation im Bürgerkrieg

In der bergigen Provinz um Arsal unmittelbar an der Grenze zwischen dem Libanon und Syrien hat der Abzug begonnen: 1.116 Kämpfer der dschihadistischen »Nusra-Front«, die sich nun »Front zur Eroberung der Levante« (Dschabha Fatah Al-Scham) nennt, und ihre Angehörigen wurden in einer von der libanesischen Armee kontrollierten Aktion mit Bussen nach Syrien gebracht. Insgesamt seien 8.893 Menschen evakuiert worden, berichtete der libanesische, der Hisbollah nahestehende Nachrichtensender Al-Manar. Der Al-Qaida-Ableger Fatah Al-Scham hatte die letzten Jahre in Syrien für die Errichtung eines »islamischen Staates« gekämpft und war dabei bis in die libanesische Grenzregion vorgedrungen. Nun sind die Dschihadisten zurück im syrischen Idlib, ihre Stellungen um Arsal haben sie in Brand gesteckt. Offenbar planen sie nicht zurückzukehren.

Am Dienstag hatte der Sicherheitschef des Libanons, Generalmajor Ibrahim Abbas, die Bedingungen ausgehandelt, unter denen die Armee das gesamte Gebiet um Arsal wieder übernahm. Bereits in der vorherigen Woche war ein Waffenstillstand vereinbart worden, rund 300 Zivilisten verließen Arsal und kehrten in das syrische Assal Al-Ward nördlich von Damaskus zurück. Außerdem einigten sich die Konfliktparteien auf einen Gefangenenaustausch: Fünf Hisbollah-Kämpfer gegen fünf Islamisten. Mit der Hisbollah sei zudem künftig in der ganzen Region zu rechnen, sagte der libanesische Ministerpräsident Saad Hariri gegenüber dem US-Magazin Politico. Die ehemals im Untergrund operierende paramilitärische Hisbollah ist im Libanon eine anerkannte Partei und an der Regierung beteiligt.

Die Operation erfolgt im Rahmen der »Deeskalationsstrategie«, mit der die Garantiemächte Russland, Iran und Türkei Syrien stabilisieren wollen. Im Mai verhandelten die Staaten in der kasachischen Hauptstadt Astana mit Vertretern der syrischen Regierung und Opposition und markierten die sogenannten Deeskalationszonen: Endet die militärische Aktivität in der Zone, werden auch die Luftangriffe eingestellt, so die Bedingung. Es sei noch viel zu tun, sagte damals der Sprecher des russischen Präsidenten, Dmitri Pes­kow. Aber es sei ein Anfang.

Am Donnerstag trat die Vereinbarung für die Etablierung eines »Deeskalationsgebiets« nördlich von Homs in Kraft. Wie der Sprecher des russischen Verteidigungsministeriums, Generalmajor Igor Konaschenkow, informierte, hatte sich Russland darauf Ende Juli in Kairo mit »moderaten Oppositionsgruppen« geeinigt. Die Zone umfasst 84 Wohngebiete mit mehr als 147.000 Einwohnern. Dort sollen die Regierungsgegner und die syrische Armee alle Kampfhandlungen einstellen. Ausgenommen von der Vereinbarung sind die Dschihadistenmiliz »Islamischer Staat« (IS) und Fatah Al-Scham. Sie sollen von den Kämpfern der anderen aufständischen Gruppen vertrieben werden. Außerdem werde die Autobahnverbindung zwischen Homs und Hama wieder freigegeben. Ein »Komitee für nationale Gerechtigkeit« soll dort operieren, dem Vertreter der Opposition und der verschiedenen ethnischen, politischen und religiösen Gruppen angehören. Die russische Militärpolizei wird die Einrichtung überwachen.

Das russische Verteidigungsministerium bewertet die Entwicklung positiv. Die militärischen Auseinandersetzungen hätten sich in den letzten Monaten stetig verringert, 1.864 Ortschaften hätten lokale Waffenstillstandsabkommen unterzeichnet, bei 228 bewaffneten Gruppen seien entsprechende Übereinkünfte von den Großmächten ausgehandelt worden. Die syrische Armee habe mehr als 12.000 Quadratkilometer Land wieder unter ihre Kontrolle gebracht, militärische Fortschritte gegen den IS seien im Nordosten des Landes um Palmyra sowie entlang der jordanischen Grenze zu verzeichnen.

Die Beendigung des CIA-Programms zur Unterstützung aufständischer Gruppen in Syrien durch US-Präsident Donald Trump könnte ebenfalls zu einer positiven Entwicklung beitragen. Das deutschsprachige Internetportal des Moskauer Senders RT verbreitete am 27. Juli Aussagen eines »Insiders« namens Ali Smajic, nach denen die USA seit Jahren im Süden Syriens mit Spezialkräften präsent seien. Dort hätten die US-Militärs Kontakt mit bewaffneten Gruppen aufgenommen und diesen Geld geboten, so der Kommandeur einer der Kampfgruppen gegenüber RTDeutsch. Behörden warnen nun davor, ehemalige Teilnehmer des CIA-Programms könnten sich aus Enttäuschung den dschihadistischen Milizen anschließen, die weiterhin aus den Golfstaaten finanziert werden.