Warum alle Schüler ungeachtet ihrer Konfession in einem gemeinsamen Religionsunterricht lernen sollten.
Ein großer Vorteil am Leben in Deutschland ist, dass niemand etwas glauben muss, aber jeder alles glauben darf. An Jesus, Allah, Ganesha – egal, es herrscht Glaubensfreiheit, die das Grundgesetz garantiert. Dort steht ein paar Artikel später auch, dass der Religionsunterricht an den Schulen “ordentliches Lehrfach” ist, das “in Übereinstimmung mit den Grundsätzen der Religionsgemeinschaften erteilt” wird.
Das bedeutet: Der Staat kontrolliert, dass an den Schulen nichts gelehrt wird, was gültigem Recht widerspricht. Er bezahlt auch die Religionslehrer. Diese sind aber nicht nur den Gesetzen und ihrem Arbeitgeber verpflichtet, sondern auch ihrer Kirche. So gut ein katholischer Religionslehrer seinen Job machen mag: Wenn seine Ehe in die Brüche geht und er später erneut heiratet, kann ihm die Kirche die Lehrerlaubnis entziehen.
Religion, das steht außer Frage, ist ein wichtiger Bestandteil von Bildung und muss daher auch Teil des Unterrichtsstoffs der Schulen sein. Gerade in einer Zeit, in der sich die Glaubenslandschaft hierzulande durch viele Zuwanderer aus muslimischen Ländern verändert, müssen Jugendliche darüber aufgeklärt werden, dass Glaube erst einmal nichts Richtiges oder Falsches ist, sondern: jedem selbst überlassen.
Dafür braucht es keinen konfessionellen Religionsunterricht, müssen nicht Katholiken neben Katholiken, Muslime neben Muslimen und in Ethik der ganze Rest lernen. Schule soll Wissen vermitteln, dahinter hat der Glaube zurückzustehen. Es braucht weder katholischen noch evangelischen, islamischen oder jüdischen Religionsunterricht: Es braucht einen gemeinsamen Religionsunterricht für alle Schüler, ungeachtet ihrer Konfession.
Dann müsste endlich kein katholischer Religionslehrer den Schülern den Islam erklären, während deren muslimische Mitschüler im Nebenraum vom Ethik- oder Islamlehrer den Katholizismus erklärt bekommen – und keiner dem anderen Fragen stellen kann. Denn gemeinsam im Klassenzimmer kann man am besten über Gelerntes direkt sprechen. Angenommen, es gäbe dieses Fach – Religionswissenschaft: Dann kann Sabine Fatih direkt fragen, warum er während des Ramadan tagsüber fastet und wie es ihm dabei geht. Dort können Mohammed und Thomas direkt, vom Lehrer falls nötig moderiert, ausdiskutieren, welche Auswirkungen Bibel und Koran auf den Alltag haben dürfen. Dort können Vorurteile mit Informationen aus allererster Hand zerrieben werden.
Kampf den Klischees
Denn eines ist auch klar: Klischees über den vermeintlich brutalen Islam gibt es nicht nur an Stammtischen in Dorfkneipen oder auf AfD-Parteitagen. Sie existieren auch unter Schülern am Gymnasium, der Real- oder Hauptschule; im sozialen Brennpunkt wie im Nobelvorort. Ein gemeinsamer Unterricht in Religionswissenschaft für Schüler aller Glaubensrichtungen könnte damit ein sehr wirksames Mittel zur Integration und zur Verständigung über kulturelle und religiöse Grenzen hinweg sein.
Und wenngleich es mit dem Grundgesetz aktuell unvereinbar ist: Im hypothetischen Fach “Reli für alle” hätten die Religionsgemeinschaften weder Mitspracherecht beim Unterrichtsstoff noch bei der Auswahl der Lehrkräfte. Die Schule ist ein Ort des Wissens, nicht des Glaubens.
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