Schriftstellerin Emily Nasrallah gestorben

Ihr eigenes Studium musste sie sich hart erkämpfen; mit ihren Büchern wurde Emily Nasrallah dann zu einer Fackelträgerin der Frauenemanzipation in Libanon. Kurz vor ihrem Tod erhielt sie noch eine der höchsten Ehrungen ihres Landes.
Angela Schader

Als literarische Ikone, Symbol der Kreativität Libanons und bedeutende Frauenaktivistin wird sie in ihrer Heimat verabschiedet: die Schriftstellerin Emily Nasrallah, die am 14. März 87-jährig in Beirut verstorben ist. Nasrallah wuchs als Kind einer christlichen Familie im südlibanesischen Dorf Kfeir auf; nach dem Studium der Erziehungswissenschaften war sie zunächst als Lehrerin, dann als Journalistin und freie Autorin tätig. Ihr 1962 erschienener Debütroman, «Septembervögel», wurde – wie auch spätere Werke – beim Basler Lenos-Verlag auf Deutsch veröffentlicht.

Nasrallahs Werk war von ihrer dörflichen Kindheit, aber auch vom Trauma des libanesischen Bürgerkriegs geprägt; ihre Protagonistinnen setzte sie dem Konflikt zwischen einer oft übermächtigen Tradition und dem Verlangen nach Freiheit und Emanzipation aus. So wird Randa, die Heldin des Romans «Das Pfand», schon bei der Geburt einem Grundbesitzer versprochen; ihr Versuch, diesem Schicksal zu entkommen, scheitert.

Neben Romanen, Erzählungen und Essays verfasste die Schriftstellerin auch mehrere Kinderbücher. In «Kater Ziku lebt gefährlich» etwa schildert sie den Alltag im vom Bürgerkrieg zerrissenen Beirut aus der Perspektive eines Katers und eines kleinen Mädchens. Mit diesem Werk wollte sie nicht zuletzt die Erinnerung an den mörderischen, fünfzehn Jahre dauernden Konflikt wachhalten, damit «die Vergangenheit zur Warnung für die nachfolgenden Generationen» werde.

Wenige Wochen vor ihrem Tod wurde Emily Nasrallah in den Rang eines Commander of the National Order of the Cedar erhoben – einer der höchsten Ehrentitel, die das Land zu vergeben hat. Den Orden nahm die gesundheitlich bereits angeschlagene Schriftstellerin in ihrem Heim entgegen – zwar ohne den Glanz des obligaten Empfangs im Präsidentenpalast, aber gerade noch zur rechten Zeit.