Obama zwischen allen Stühlen

Der türkische Einmarsch hat die USA in eine Zwickmühle gebracht. Mit ihrer Parteinahme für Ankara brüskieren die Amerikaner die Kurden, ihre bisher besten Verbündeten in Syrien.

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Hunderte von Zivilisten fliehen vor den Kämpfen um Mosul. (Bild: Susannah George / Keystone)

Zwei Jahre nach Beginn ihrer Militäroperation gegen die Terrormiliz IS sind die USA von ihrem Ziel noch immer weit entfernt: Das syrisch-irakische «Kalifat» befindet sich zwar an vielen Fronten in der Defensive, aber es ist noch längst nicht zerschlagen, wie dies Präsident Obama einst versprochen hatte. Der neue Leiter der amerikanischen Operation, General Townsend, hat für die Vertreibung des IS aus seinen Hochburgen Rakka und Mosul ein weiteres Jahr veranschlagt – und auch diese Prognose enthält wohl einigen Zweckoptimismus. Obama wird das Problem mit anderen Worten seinem Nachfolger oder seiner Nachfolgerin weiterreichen.

Im Laufe dieser beiden Jahre hat sich die Aufgabe ständig weiter kompliziert. Die Schuld daran trägt Washington zu einem erheblichen Teil selber. Statt genügend eigene Truppen zu stellen, die Ausbildung von moderaten Rebellen zu forcieren und die regionale Diplomatie zu verstärken, sandte die Administration Obama von Anfang an Signale der Unentschlossenheit aus. Das so entstandene sicherheitspolitische Vakuum machte sich Russland mit seiner Intervention aufseiten Präsident Asads zunutze. Moskaus Luftwaffe schränkt nicht nur die Bewegungsfreiheit der Amerikaner über Syrien ein, sondern hat auch wiederholt proamerikanische Rebellengruppen bombardiert – mehr als Proteste aus Washington hat sie nicht zu befürchten.

Im Laufe dieser beiden Jahre hat sich die Aufgabe ständig weiter kompliziert. Die Schuld daran trägt Washington zu einem erheblichen Teil selber.

Jetzt ist der syrische Kriegsschauplatz nochmals unübersichtlicher geworden. Neben ungezählten Rebellengruppen, dem IS, dem libanesischen Hizbullah, syrischen, russischen, iranischen, amerikanischen und (auf dem seit 1967 besetzten Golan) israelischen Truppen stehen seit vergangener Woche auf dem Boden des zersplitterten Landes auch noch türkische Einheiten. Der mit Panzern, Artillerie und Luftangriffen lancierte Vorstoss des Nato-Landes nach Nordsyrien erfolgte vordergründig mit der Unterstützung Washingtons, aber in Wirklichkeit ist es keineswegs eine Entwicklung nach amerikanischem Wunsch. Pläne für eine türkisch kontrollierte Pufferzone westlich des Euphrat waren in Washington lange Zeit auf Widerstand gestossen. Aber Amerikas Einfluss in Ankara ist in jüngster Zeit aus zwei Gründen geschwunden: Zum einen sind den «Säuberungen» im türkischen Militär nach dem gescheiterten Putsch viele Verbindungsleute der USA zum Opfer gefallen. Zum andern ist sich Präsident Erdogan seit seiner Versöhnung mit dem Kreml sicher, dass die in Nordsyrien operierende russische Luftwaffe den türkischen Einmarsch nicht behindern wird.