Ist der Flugzeugträger als Mittel der Machtpolitik der USA überholt?

Kurz nach dem Ende des Ersten Weltkrieges stellten die USA, Grossbritannien und Japan Flugzeugträger in Dienst.[1] Verschiedene dieser Flugzeugträger wurden im Zweiten Weltkrieg als Angriffsträger oder für den Begleitschutz von Konvois eingesetzt. Schlussendlich wurde der Krieg im Pazifik ab 1942 vor allem durch den Einsatz der amerikanischen Flugzeugträger gegen Japan bestimmt.[2] Erinnert sei dabei an die Schlacht bei Midway vom 3. bis 6. Juni 1942.[3] Es folgten von August bis Dezember 1942 die Seeschlachten bei Guadalcanal[4], der Feldzug gegen die Salomonen, der amerikanische Angriff auf die Marshall-Inseln im Januar/Februar 1944[5] sowie die Rückeroberung der Philippinen von März bis Oktober 1944.[6] Der Abschluss der Einsätze von Trägern gegen die japanischen Streitkräfte bildete die Eroberung von Okinawa im Juni 1945.[7]

Bei Ausbruch des Kalten Krieges 1948 waren die USA mit ihrer Flotte an Flugzeugträgern als globale Seemacht unangefochten. Die USA führten Kampfeinsätze mit Flugzeugträgern im Korea-Krieg von 1950 bis 1953[8], im Vietnam-Krieg von 1965 bis 1973[9], in der Operation Desert Storm gegen den Irak 1991[10], in der Operation Enduring Freedom gegen die Taliban 2001, in der Operation Iraqi Freedom gegen den Irak 2003 und seit 2014 gegen den Islamischen Staat im Irak und in Syrien durch.

Als Mittel der Macht- und Kanonenbootpolitik erfolgten in der Vergangenheit auch regelmässig Droheinsätze mit Flugzeugträgern. In der neueren Zeit ist die Intervention von Präsident Bill Clinton in der 1995 ausgebrochenen Krise zwischen der Volksrepublik China und den USA aufgrund des Besuchs des taiwanesischen Präsidenten in den USA bekannt. Clinton befahl zur Abschreckung militärischer Manöver von China um Taiwan mit der USS Nimitz und der USS Independence zwei Trägerkampfgruppen in die Region. Der Träger USS Nimitz durchquerte dabei sogar die Taiwanstrasse.

Zum gegenwärtigen Zeitpunkt verfügen die USA über 10 nuklearangetriebene Träger der Nimitz-Klasse, die einsatzbereit sind und im Turnus regelmässig im Persischen Golf und im Westlichen Pazifik stationiert sind.[11] Im Bau befinden sich drei nuklearangetriebene Flugzeugträger der Gerald R. Ford-Klasse, die zur Ergänzung und Ablösung älterer Träger führen sollen. Der erste Träger dieser Klasse, CVN 78 Gerald R. Ford, soll 2016 einsatzbereit sein.[12] Der Bau und die Indienststellung einer neuen Flugzeugträger-Klasse weist daraufhin, dass auch in der Zukunft für die Seemacht USA diese Kriegsschiffe eine zentrale Funktion in ihrer Machtpolitik einnehmen werden.

Angesichts der Tatsache, dass sich die globale Lage aber aufgrund der neuen Machtkonstellation in der Welt seit dem vergangenen Jahrzehnt entscheidend verändert hat, stellt sich die Frage, ob die USA auch in Zukunft mit ihren Trägern eine Drohkulisse betreiben können. Eine Antwort dazu hat China mit der Einsatzbereitschaft von 18 ballistischen Flugkörpern DF-21D (CSS-5 Mod 5) geliefert.[13] Diese Flugkörper weisen eine Reichweite von 1‘500 km aus und verfügen über einen Wiedereintrittskörper, der in der Endphase Ausweichmanöver betreiben kann.[14] Mit diesem Flugkörper kann die Volksrepublik jedes Kriegsschiff und damit jeden US-Träger, auch wenn dieser mit den neuen Kampfflugzeugen des Typs F-35C (Ersatz der F/A-18E/F Super Hornet) ausgerüstet ist, im Westlichen Pazifik angreifen und versenken. Mit ein Grund, warum diese Flugkörper als carrier-killer bezeichnet werden. Aufgrund der Angriffsfähigkeit dieser Flugkörper dürfte sich in Zukunft jeder US-Präsident davor hüten in den Krisengebieten des Westlichen Pazifik eine offensive Macht- und Kanonenboot-Politik mit Trägerkampfgruppen zu betreiben. Bereits heute verlegen die USA nur sehr zögernd Flugzeugträger ins Südchinesische Meer, als Demonstration gegen den Bau künstlicher Inseln durch China. US-Präsident Obama setzt in diesem Konflikt lieber auf Verhandlungen.

Damit könnte die Ära der Flugzeugträger als Mittel der Machtpolitik der USA mindestens im Westlichen Pazifik beendet sein. Angesichts der Tatsache, dass Russland neue nuklearangetriebene U-Boote der Yasen-Klasse, ausgerüstet mit neuen Marschflugzeugen, für den Einsatz gegen Flugzeugträger in Dienst stellt,[15] könnte sehr bald auch im Atlantik die US-Machtpolitik mit Flugzeugträgern beendet sein. In einem Seekrieg wären die US-Träger in diesem Fall nur noch Ziele für feindliche Flugkörper und U-Boote.